In der Lübecker Bucht ereignete sich in den allerletzten Kriegstagen eine der größten und dabei kaum bekannten Schiffskatastrophen der Geschichte. Mehr als 7.000 Menschen kamen am 3. Mai 1945 ums Leben. Sie wurden Opfer eines tragischen Irrtums: Britische Bomber versenkten das deutsche Passagierschiff “Cap Arcona” und den Frachter “Thielbek”, die beiden vor der Küste liegenden Schiffe geraten zufällig ins Fadenkreuz. An Bord sind allerdings keine deutschen Truppenverbände, sondern hauptsächlich evakuierte Häftlinge aus dem Hamburger KZ Neuengamme. Der größte Teil der Häftlinge verbrannte, ertrank oder wurde erschossen. Da die Wassertemperatur an dem Tag nur 8 °C betrug, konnten die meisten Häftlinge sich nicht schwimmend ans Ufer retten. Die Schiffbrüchigen wurden von den britischen Flugzeugen mit Bordwaffen beschossen. Wirkungsvolle Rettungsmaßnahmen liefen verspätet an. Nur ein geringer Teil der Häftlinge wurde von Booten aufgenommen, die sich vorrangig um die Rettung von Marineangehörigen bemühten. Aus anderen Booten schoss man auf die im Wasser um ihr Leben kämpfenden Häftlinge. KZ-Häftlinge, die sich an den Strand retten konnten, wurden dort von Nazis ermordet. Während des gesamten Sommers 1945 wurden ihre Leichen und Leichenteile an die Strände gespült. Die Besatzungsmächte der britischen und sowjetischen Zone verfügten aus Angst vor Seuchen die sofortige Beerdigung der Opfer. Unter anderem wurde nahe dem mecklenburigschen Gutshof Groß Schwansee auf der Halbinsel Priwall ein Massengrab und eine Gedenkstätte errichtet und mit einem schlichten Birkenkreuz gekennzeichnet. Eine Zählung der Grabanlagen ergab, dass es für etwa 3.000 Opfer kein Grab gibt. Ihr Grab ist die Ostsee geblieben.
Wir haben zufällig am Strand direkt unterhalb des Gedenkkreuzes gepicknickt, ich habe das Kreuz und die dazugehörige Informationstafel mit der Überschrift “Ohne Erinnerung – keine Zukunft” erst nach dem Picknick entdeckt, sonst wäre mir wahrscheinlich mein Essen im Halse stecken geblieben.
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